Projekt der Woche #217: da sein - ankommen durch kreatives Gestalten

Das Besondere an diesem Projekt ist, dass mit dem Biomarkt Irsee e.V. ein eher untypischer Akteur der kulturellen Bildung die Initiative für ein „Kultur macht stark“-Projekt übernommen hat. Im Rahmen von „da sein - ankommen durch kreatives Gestalten“ arbeiteten verschiedene Akteure aus dem Dorf Irsee im Rahmen von Kunst-Workshops mit Geflüchteten zusammen und gestalteten im Ergebnis nicht nur eine öffentliche Ausstellung, sondern auch die künstlerisch bedruckten "Welt-Schokoladen“.
Der Verein Biomarkt Irsee bemüht sich seit 2003 um die Förderung der umweltschonenden biologischen Landwirtschaft und bietet mit dem Konzept "Markt und mehr" eine Kommunikationsplattform für die Besucher und somit eine Belebung des historischen dörflichen Ortskerns von Irsee, das im schwäbischen Landkreis Ostallgäu liegt. Der Verein bekommt keine öffentliche Mittel im Hinblick auf kulturelle Bildung hat das Projekt „da sein - ankommen durch kreatives Gestalten“ durch eine Förderung des Bundesverbands Bildender Künstlerinnen und Künstler (BBK) im Rahmen des Bundesprogramms „Kultur macht stark – Bündnisse für Bildung“ umsetzen können. Das Projekt „da sein - ankommen durch kreatives Gestalten“ richtete sich mit insgesamt 11 Workshops und einer Abschlussausstellung im Zeitraum Dezember 2016 bis November 2017 an junge Geflüchtete aus Afghanistan, Eritrea, Somalia und Syrien.
Am Projekt waren als Bündnispartner beteiligt: Die Schule der Phantasie, die seit 1991 wöchentliche Workshops anbietet, in denen Kinder mit Künstlern zusammen gestalten und ihre Fantasie entfalten dürfen stellte ihre Räume zur Verfügung. Die Marktgemeinde Irsee unterstützt seit Jahrzehnten die ehrenamtliche Arbeit im kulturellen Bereich und stellte den Raum für die Durchführung der Workshops zur Verfügung. In Irsee leben zahlreiche Künstler, die im Dorfbild auch ihre "Spuren" hinterlassen haben. Auch der Freundeskreis der Josef-Guggenmos-Grundschule Irsee war am Projekt beteiligt und unterstützt seit 2008 die örtliche Schule vor allem im Hinblick auf das Schulprofil als "UNESCO-Projektschule" mit Schulacker und Weltladen auf dem Biomarkt des Antragstellers. Der Kleinkunstverein Altbau e.V. stellte den Raum für die abschließende Ausstellung zur Verfügung. Die Flüchtlingshilfe Rieden / Irsee / Pforzen bemüht sich seit 2015 ehrenamtlich um die Flüchtlinge in den einzelnen Dörfern.
Die insgesamt elf Workshops wurden von der Künstlerin Helen Ribka durchgeführt und fanden jeweils an einem Samstag im Monat in Räumen der „Schule der Phantasie“ bzw. in freier Natur statt. Die Worskopthemen waren:
• Experimentieren mit Farbe - Gestalten einer Gemeinschaftsarbeit und gegenseitiges Kennenlernen
• Lichtobjekte aus Weidenruten – siehe Foto zu Beginn des Beitrags
• Experimentelles Drucken
• Möbel aus Pappmaché – „Jeder hat seinen Platz“
• Landart „Wald“
• Skulpturen aus Ytong-Steinen
• Landart „Flussbett“ - Erkunden des Flussbettes der Wertach
• Gefäße und Figuren aus Ton
• Vorbereitung der Ausstellung und Präsentation - Ideen sammeln, Werke platzieren und Rollen verteilen
Aus dem Erfahrungsbericht der Projektorganisatoren:
Das breite Spektrum künstlerischer Aktivitäten, das im Rahmen der 11 Workshops angeboten wurde, hat sich als sinnvoll erwiesen. So konnte einerseits unterschiedlichen Neigungen und Vorkenntnissen entsprochen, andererseits in einem weiten Feld Wahrnehmung und Kreativität gefördert werden. Zunächst wagten sich die meisten Teilnehmer nur zögerlich an die Arbeit und hatten Bedenken, etwas „falsch“ zu machen. Im Verlauf der Workshops entwickelten sie zunehmend Zutrauen in Ihre Fähigkeiten, hatten Freude am Experimentieren und fanden zu einem freudigen, kreativen Umgang mit Materialien und Themenstellungen.
Besondere Hingabe entwickelten die Teilnehmer bei der Gestaltung der „Lichtobjekte“ und beim Bau von Möbeln aus Pappmaché. Vor allem Mädchen und Frauen hatten zudem große Freude bei der Gestaltung von Traumbildern mit den zahlreichen Materialien aus dem Fundus der „Schule der Fantasie“.
Im Rahmen der Abschluss-Ausstellung im November 2017 in der Galerie des Kleinkunstverein Altbau e. V. konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die sehr positive Aufmerksamkeit durch Familienmitglieder, Freunde und die zahlreichen Ehrengäste genießen. Daraus konnten sie Zutrauen in ihre eigenen Fähigkeiten sowie Motivation für künftige Vorhaben schöpfen.
Aus den Motiven der Ausstellung gestalteten wir Schokoladen-Umverpackungen, die in der Vorweihnachtszeit reißenden Absatz fanden. Durch den Verkaufserlös war es uns möglich, an die jungen Geflüchteten Schokoladen mit ihren eigenen Motiven kostenlos abzugeben. So konnten sie ohne finanzielle Belastung ihren Freunden und Verwandten ganz individuelle Geschenke machen.
„ankommen durch kreatives Gestalten“ - inwieweit das Projekt dazu beitragen konnte, lässt sich objektiv nicht messen. Die Projektorganisatoren haben jedoch entsprechend eigener Beobachtungen während der Workshops und Rückmeldungen aus dem Teilnehmerkreis den Eindruck gewonnen, durchaus etwas Positives in den oft traumatisierten Menschen bewirkt zu haben.
Weitere Informationen
